Neujahr. In der Politik die Zeit der großen Ankündigungen. Kurz nach den Weihnachtsferien war nicht nur Bundeskanzler Kern mit seinem “Plan A” aktiv, sondern auch sein Vize Reinhold Mitterlehner gab eine Rede vor seiner Partei.

Unter dem Motto “Mutig anpacken” präsentierte der Parteiobmann der ÖVP seine Vorstellungen, wie Österreich aussehen sollte. Und betonte dabei auch das, was Österreich bereits gut mache. Zum Beispiel im Bereich Forschung & Entwicklung. Mitterlehner betont:

Wir haben 3,07 Prozent Forschungs- und Entwicklungsquote. Das ist die zweitbeste Quote in Europa. Das ist das Lissabon-Ziel, das wir übererreicht haben. Und im Endeffekt: Der europäische Schnitt ist bei zwei Prozent. Bei der Steiermark, um nicht immer nur die Oberösterreicher anzusprechen, haben wir überhaupt 4,64 – also sogar höher als Südkorea. 

In dieser Aussage sind mehrere Behauptungen enthalten, und vor allem der Vergleich mit Südkorea sticht ins Auge. Gehen wir sie der Reihe nach durch:

Die Forschungs- und Entwicklungsquote

Die Statistik Austria weist für 2016 eine österreichische Forschungs- und Entwicklungsquote von 3,07 Prozent aus. Mitterlehners Aussage ist also richtig, klammert aber ein wichtiges Detail aus: Zum ersten Mal seit fünf Jahren ist diese Quote gesunken.

FundE
Das Lissabon-Ziel

Mitterlehner bezieht sich auf die Lissabon-Strategie. Diese wurde vom Europäischen Rat 2000 beschlossen, um “Europa zum wettbewerbsfähigen und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt” zu machen. Und auf der Website des Europaparlaments findet man auch eine PDF-Datei, in der diese “Lissabon-Ziele” genau erklärt und festgehalten werden. Darunter steht nicht nur eine wirtschaftliche Wachstumsrate von 3 Prozent, sondern wirklich auch eine Erhöhung der Investitionen in Forschung- und Entwicklung.

Die beste Quote Europas?

Auch das lässt sich auf einer offiziellen Seite nachvollziehen: Eine Pressemitteilung des europäischen Statistikinstituts Eurostat weist für 2015 Österreich als zweitstärkstes Land im Forschungs- und Entwicklungsbereich auf. Mit 3,26 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegt Schweden deutlich vor Österreich. Als drittes und letztes europäisches Land erfüllt Dänemark das Lissabon-Ziel – denkbar knapp mit nur 3,03 Prozent.

Besser als Südkorea?

Der Vergleich mit Südkorea am Ende ist ein bisschen weit hergeholt – eine Bundesländerquote mit der eines Staates zu vergleichen, ist nur begrenzt aussagekräftig. Ein Staat konkurriert mit dem Rest der Welt, ein österreichisches Bundesland mit dem Rest von Österreich.

Warum konkurrieren? Weil in die Forschungs- und Entwicklungsquote auch die Forschungsaktivitäten von Unternehmen und ausländische Gelder hineinfließen. Durch Unternehmen kommen die meisten Gelder in die Forschung, danach kommt der Bund. Nur ein geringer Teil der Forschungs- und Entwicklungsgelder kommt wirklich aus dem Budget der Bundesländer.

Wie auch immer, auch die Südkorea-Aussage ist jedenfalls wahr: Die Steiermark weist eine Forschungsquote von beachtlichen 4,9 Prozent auf. Südkorea wies 2014 laut Auskunft der Wirtschaftskammer eine Quote von 4,29 Prozent auf – die Daten sind von der OECD, aktuellere gibt es noch nicht. Auch Vorhersagen sagen kein weiteres Wachstum vorher.

Insofern sind Mitterlehners Aussagen alle korrekt: Die Zahlen stimmen, Österreich erfüllt das Lissabon-Ziel und die Steiermark hat eine höhere Forschungs- und Entwicklungsquote als Südkorea.

Fotocredit Reinhold Mitterlehner (Kleines Bild): Manfred Werner | CC-BY-SA 3.0