Schon seit Wochen wird in Österreich über die Mindestsicherung gestritten. Vor allem eine Deckelung von 1.500 Euro für Mehrkindfamilien wird diskutiert, ÖVP und FPÖ drängen auf einen geringeren Betrag für Asylwerber.

Manfred Hainbuchner behauptete bei Im Zentrum zum Thema Mindestsicherung vom 6. November 2016, dass eine Familie mit drei Kindern so viel Mindestsicherung bekomme, wie ein Arbeiter, der 2200 brutto verdient. Wortwörtlich sagte er:

„[…]Das einzige, was sich wesentlich geändert hat, ist der Deckel vom 1.500 Euro. Damit sind wir auch einverstanden, aber ansonsten bleiben alle anderen Höhen so gewährleistet. Und nebenbei gesagt, die Ungerechtigkeiten, die es gibt, und zwar wenn man sich die Alleinverdiener anschaut, das Beispiel in Wien: Eltern und drei Kinder und wenn ich das gleiche umlege, ein Alleinverdiener, eben Eltern und auch drei Kinder, wo jener, der arbeitet über 2.200 Euro brutto verdienen muss, damit er das bekommt, was andere bekommen, die unter Umständen nie gearbeitet haben. Das ist nicht gerecht. […]“

 

Arbeitende Familie

Laut Brutto-Netto-Rechner der Arbeiterkammer bekommt ein Arbeiter, der 2.200 Euro brutto verdient, monatlich 1.588,98 Euro netto. Dazu kommen aber noch das steuerbegünstigte 13. und 14. Gehalt, welches 1.751,16 Euro bzw. 1.713,96 ausmacht. Teilt man das Jahresgehalt wieder durch zwölf, kommt man auf 1.877,74 Euro netto.

Dazu kommt für jedes Kind noch die Familienbeihilfe, die inkl. Absetzbetrag 214,20 Euro beträgt. Außerdem haben Mindestsicherungsbezieher, wenn sie verheiratet sind, wovon wir hier ausgehen, auch Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag in der Höhe von 889 Euro pro Jahr. Zusammen kommt man also auf 2.594,42 Euro.

 

Arbeitslose Familie mit Mindestsicherung

Die Mindestsicherung für Paare beträgt 628,32 Euro pro Person, sie wird allerdings nur zwölf Mal jährlich ausbezahlt. Für jedes minderjährige Kind steht der Familie 226,20 Euro zu, dazu kommt noch die oben erwähnte Kinderbeihilfe. Auch diese Famlie hat Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag in der Höhe von 889 Euro pro Jahr. Gesamt kommt man daher auf 2651,92 Euro. Obwohl die Bezieher mit dem Grundbetrag auch für Miete auskommen müssen, kann in Wien zusätzliches Geld beantragt werden, wenn die Miete höher ist. Die gewährten Zuschüsse sind dann aber zweckgebunden.

Damit liegt der Betrag, den eine fünfköpfige Familie an Mindersicherung bekommt, tatsächlich nahe an dem, was sie bekommen würde, wenn ein Elternteil für 2.200 Euro brutto arbeiten würde.

Der Fall dürfte jedoch relativ selten eintreten. Denn der Großteil der Bezieher sind alleinstehende Personen. Nur 5 Prozent der „Bedarfsgemeinschaften“ haben drei oder mehr Kinder. Zudem sind die oben verwendeten Zahlen Höchstbeiträge, die nur gewährt werden, wenn es sonst keine Zuverdienste gibt, meistens wird nur aufgestockt. Deshalb liegt der durchschnittliche Betrag, den ein Paar mit drei Kindern erhält, in Wien mit 909 Euro ein Viertel unter dem Höchstwert.

Trotzdem: Es wäre für eine Familie grundsätzlich möglich, Mindestsicherung in der Höhe von über 2.500 Euro zu beziehen, was in etwa dem Nettolohn eines Arbeiters mit Familie gleichkommt, der für 2.200 Euro brutto jobbt.

Wir bewerten die Aussage deshalb als richtig.

EDIT 22.11.2016: Alleinverdienerabsetzbeträge zu beiden Fällen hinzugefügt.

Fotocredit Manfred Haimbuchner (Kleines Bild): Gerhard Deimek