Dieses Jahr gab es einige politische Ereignisse, die wenige so vorhergesehen haben. Eines davon ist der Brexit, der Ausstieg des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union.

Spätestens, seit dieser eingetreten ist, hat sich der Begriff “Öxit” etabliert – der Industrielle Hans-Peter Haselsteiner wirbt sogar mit “Kommt Hofer, kommt Öxit” im Präsidentschaftswahlkampf gegen den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer. Die FPÖ kämpft mit dem Stigma der “EU-Austrittspartei” (diese gibt es übrigens unter dem Kürzel EUSTOP)

Im ORF-Format “Klartext” hat sich Strache erneut über den potentiellen Austritt aus der Europäischen Union geäußert.

“Nein, ich habe noch nie über den Öxit gesprochen, sondern ich werde jedes Mal von Journalisten mit dem Begriff konfrontiert, den ich nie gewählt, nie verwendet habe. Und das können Sie ja nachprüfen. Und das ist ja das Spannende. Es passt Ihnen offenbar nicht, dass wir eine klare Position haben – nämlich dass wir sagen, man muss die Europäische Union reformieren. Und das nehmen Sie nicht zur Kenntnis.”

Aufgrund der zahlreichen Medienberichte zum Thema FPÖ und Öxit kann man davon ausgehen, dass Strache durchaus darüber gesprochen hat, und dass Medien ihn des Öfteren danach gefragt haben. Nach dem erfolgreichen Brexit sprach Strache in der Tat von einer Weichenstellung für die Demokratie, die Tageszeitung “Österreich” zitiert ihn mit:“Wir haben Respekt vor der Entscheidung der Briten und wir verstehen dieses Mehrheitsvotum”.

Eine Linie, die Strache mit dem Front National teilen dürfte. Im Zusammenhang mit der Nähe der FPÖ zum Front National zitiert der “Kurier” im Jahr 2014: “Ja, selbstverständlich, (sic!) bin ich dafür, die Österreicher über einen EU-Austritt zu befragen.”

Nach dem Brexit gewann das Thema dann an neuer Brisanz. Strache sagte der “Presse”:

“Grundsätzlich respektieren wir diese direktdemokratische Entscheidung und gratulieren auch den Briten zu ihrer wiedererlangten Souveränität und Freiheit. Das Ergebnis dieses Volksentscheids ist eine Weichenstellung für die Demokratie und gegen einen völlig fehlgeleiteten EU-Zentralismus. Jetzt ist es notwendig, dass die europäische Union und die politischen Verantwortungsträger diesen demokratischen Weckruf erkennen.”

Im selben Interview spricht Strache auch von einem möglichen “Exit” und “Auxit”. Außerdem, so der FPÖ-Chef:

“Das ist ein Prozess, den man jetzt sicherlich zeitlich nicht auf ein paar Monate begrenzen kann. Ich habe immer gesagt, es ist die Ultima Ratio, wenn die Europäische Union nicht bereit ist, ihre Fehler abzustellen, dann wird man nicht mehr zusehen können. Dann ist natürlich auch ein Exit oder Auxit mit einer Volksabstimmung in Österreich möglich.”

Jetzt kann man argumentieren, dass er nicht “Öxit” gesagt hat und die Aussage somit richtig ist. Den exakten Begriff verwendete er aber – im Februar 2015 auf seiner Facebook-Seite.

Screenshot (C) FPÖ-Watch

Was diese großen Fehler sind, die die FPÖ befürchtet, artikuliert momentan Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer. Medial viel präsenter als sein Parteichef wird er immer wieder zum Öxit gefragt. Und sagt: “Wenn die Union sich falsch entwickelt, dann wäre für mich der Augenblick gegeben, wo man sagt: So, jetzt muss man auch die Österreicher fragen.” (zitiert nach “Zeit Online”) Diese falschen Entwicklungen wären für Hofer – und somit mutmaßlich für die FPÖ – ein Beitritt der Türkei oder ein Umbau zum europäischen Zentralstaat, den die Freiheitlichen ablehnen.

Aber auch, wenn Strache und Hofer ihre Haltung zur Europäischen Union schon widersprüchlich artikuliert haben: Das Parteiprogramm dürfte es wissen. Und im Handbuch freiheitlicher Politik, dem Parteiprogramm der FPÖ, das Norbert Hofer geschrieben hat, findet sich auf Seite 278 das Kapitel “Der Austritt ist kein Tabu”. Und da steht im Wesentlichen das drin, was Strache auch nach der Brexit-Diskussion gesagt:

Auszug aus dem "Handbuch freiheitlicher Politik", S. 278

Auszug aus dem “Handbuch freiheitlicher Politik”, S. 278

Aussagen und Programm der FPÖ belegen also die Position, dass der Öxit in gewissen Fällen für sie denkbar ist. Auch die Parlamentsberichte halten das fest, ein Entschließungsantrag der FPÖ vom Jänner fordert eine Volksbefragung zum Austritt aus der EU.

Es ist also falsch, wenn Strache sagt, er habe noch nie über den Öxit gesprochen. Natürlich wird er auch von Journalisten dazu befragt – aber schon lange vor dem Brexit war die Option in Parteiprogramm und auf Facebook geäußert. Und auch politische Aktionen wie Entschließungsanträge sind keine Antwort auf journalistische Fragen. Die FPÖ behält sich den Öxit als Option – und spricht durchaus auch von alleine darüber. Diese Aussage ist also falsch.

Fotocredit Heinz-Christian Strache (Kleines Bild): Parlamentsdirektion / Photo Simonis